... dürfen sie das fressen? Wie oft wird diese Frage in einem Forum oder einer Facebook Gruppe gestellt. Dazu ein Foto einer Pflanze, die den Halter wohl unbekannt ist. Ist man sich nicht 100%ig sicher, so bekommt man die Antwort: „NEIN, auf keinen Fall, das könnte giftig sein.“ Schnell wird die Pflanze in den Müll geworfen, schließlich möchte man seiner Schildkröte nicht schaden und so greift man lieber doch wieder zu einer Pflanze die man gut kennt und welche sie auch sicher fressen darf – der gute alte Löwenzahn. Nur gut, dass noch viele andere Pflanzen, wie z.B. die Wegwarte oder das Ferkelkraut sehr ähnliche Blätter haben, so wird die Schildkröten doch nicht ganz so einseitig ernährt. Zeigt man in besagten Gruppen ein Foto einer fressenden Schildkröte – fressende Schildkröten sind auch wirklich ein wunderbares Motiv - die sich gerade genüsslich an einem Salatblatt, einer Karotte oder gar an einem Paradeiser labt, so wird man, nicht selten mit Schimpf und Schande aus der Gruppe verjagt.
Leider setzen sich nur wenige Halter ernsthaft mit der Ernährung unserer geliebten Panzerträger auseinander und sind so darauf angewiesen was andere sagen. So manches Tier leidet dadurch an einer Mangelernährung und das, obwohl es vor einem übergroßen Haufen Löwenzahn, fein säuberlich geputzt, gewaschen und von allen anhaftenden Käferchen und Grashalmen befreit, sitzt. Schließlich beinhaltet die eine Pflanze zu viel an Oxalsäure, eine andere zu viel Glukose und bei so mancher stimmt das Verhältnis zwischen Kalzium und Phosphat nicht. Sicher ist sicher, also bleiben wir doch lieber beim Löwenzahn!
Kaum jemand macht sich die Mühe um die Inhaltsstoffe so mancher kultivierter Pflanze genauer unter die Lupe zu nehmen. Würde man das nämlich machen, so würde man fest stellen, dass es nur wenige Pflanzen sind, die einer Schildkröte tatsächlich nicht gut tun und dass, auch nur dann, wenn die klimatischen Bedingungen nicht denen ihres eigentlichem Naturell entsprechen
– zum Beispiel Obst!
Obst hat viele Vitamine, viel Wasser und beides ist durchaus gut, auch für unsere europäischen Landschildkröten. ABER es beinhaltet auch viel Zucker – natürlicher Fruchtzucker. An sich ist das auch für Schildkröten nichts schlimmes, wenn die Temperatur passt und so die Verdauung entsprechend flott ist. In ihren natürlichen Verbreitungsgebieten wächst, wie ich mich selbst schon öfter überzeugen konnte, auch so mancher Obstbaum. Deren Früchte fallen herunter und werden von den Tieren gerne aufgenommen. Gerade in der heißen Zeit ist das ein willkommener Leckerbissen – in der Natur, in freier Wildbahn!
Warum also nicht auch bei uns einen Apfel, eine Birne oder eine Melone füttern? Die Antwort ist ganz einfach: Weil es bei uns nicht diese Temperatur hat. Zwar kann es schon einige richtig heiße Tage geben, aber oft (leider zu oft) haben wir ein nicht so verlässliches Wetter wie an der Mittelmeerküste. Hier kann es schnell zu einem Temperatursturz kommen. Dann verlangsamt sich die Verdauung der Tiere und der zurckerhältige Obstbrei verweilt länger als es gut ist im Darmtrakt. Das bietet einen wunderbaren Nährboden für sämtliche Darmparasiten, die, wenn man das nicht mehr in den Griff bekommt, das Tier derart schwächen kann, dass die Schildkröte ernsthaft erkrankt. Was also, wenn sie nun doch einmal eine, vom Baum fallende Marille, einen Apfel oder Birne erwischt hat? Dann soll sie sich das „verbotene Früchtchen“ gut schmecken lassen. Möglicherweise wird ihr Kot einmal dünner als normal sein, passieren wird der Schildkröte aber nichts. Eine regelmäßige Obstfütterung kann auf Dauer jedoch zu ernsthaften Problemen führen.
Und wie ist das nun mit dem Salat? Leider ist für viele Menschen das Wort „Salat“ eine Art Überbegriff für alle grünblättrigen, essbaren Pflanzen. Ganz so ist das aber nicht, weil Salat eben nicht gleich Salat ist. In Österreich kannte man früher nur die Sorte Maikönig, das ist der übliche Blattsalat, der oft mit Zucker, Zitrone und Essig mariniert wurde – typisch Österreich. Eine relativ wertlose Pflanze die schnell an Vitaminen verliert und leider Nitrate speichert. Was bei „gespritzten“ Salaten zu einem ernsthaften Problem führen kann. Mittlerweile haben aber auch hier in Österreich, nicht nur die italienischen Spaghetti, sondern auch die Vielfältigkeit der italienischen Salate ihren Platz gefunden. So findet man Catalogna, Chicorée, Grumolo, Radicchio und viele, viele weitere Sorten in den Regalen. Wer einen eigenen Garten – und das ist als Schildkrötenhalter wohl Pflicht – hat, der bekommt problemlos all diese Sorten auch als Samen.
Was ist an diesen Salaten denn so besonderes? Natürlich sind Salate, so wie viele andere Gemüsesorten, Kulturpflanzen. Deren Ursprung geht jedoch immer auf eine Wildpflanze zurück. Bei den oben genannten Salatsorten kann man, wenn man den Salat ausblühen lässt, die eigentliche, ursprüngliche Wildpflanze auch noch sehr gut erkennen. Es ist eine sehr wertvolle Futterpflanze – die Wegwarte.
Ich persönlich finde es wichtig, dass sich meine Tiere, so wie auch ich mich selbst, sehr abwechslungsreich ernähren können. Aus diesem Grund entscheide nicht ich was sie zu fressen bekommen, sondern lass sie selbst entscheiden. In ihrem Gehege steht ihnen eine große Palette an Wildpflanzen zur Verfügung. Viel Pflanzen davon sind mir vertraut, so manches Kräutlein was dort wächst kenne ich jedoch nicht. Die Schildkröten selbst scheinen es aber sehr genau zu kennen ihr Instinkt sagt ihnen genau was gut für sie ist und was sie davon besser nicht fressen sollen.
Mein Gemüsebeet ist natürlich Schildkröten freie Zone. Nicht weil die dort wachsenden Pflanzen ihnen Schaden könnten, sondern weil ich auch etwas zu essen brauche. So manche ausgewachsene Zucchini, überschüssige Gartengurke oder das, ausgesprochen gesunde Karottenkraut, wie auch die Blätter und so manches Röschen meiner Brokkoli oder auch Radieschen-Blätter dürfen sie gerne vernaschen. Die sind weder giftig noch ungesund und als Hauptnahrung dienen sie auch nicht.
In diesem Sinne lasst es euch alle gut schmecken!
... und was ist nun mit der Tomate??? Der Paradeiser (Paradiesfrucht) verdient eine eigene Seite. Das ist nämlich eine ganz andere Geschichte ;)
.......................
ein Forum, in dem man auch über solche Themen schreiben und nachdenken, darf
Comments