Trotz des wunderschönen, warmen und sonnigen Septembers nimmt die Aktivität der europäischen Landschildkröten deutlich ab.
Zwar genießen sie noch die wärmenden Sonnenstrahlen, doch allgemein sind sie schon sehr ruhig, fressen weniger und verbringen die meiste Zeit in ihren Verstecken.
Auch wenn die Sonne noch kräftig und wärmend vom Himmel strahlt, so sind die Nächte bereits deutlich kühler.
Vor allem ist es aber das fehlende Licht – die kürzeren Tage und die längeren Nächte – welches die Tiere auf den baldigen Winter einstimmt. Nicht mehr lange und sie werden sich völlig inaktiv erst in ihre Höhlen verkriechen, bis sie sich schließlich in der feuchten kühlen Erde eingraben.
Mutter Natur hat das weise eingerichtet und da sollten wir Menschen auch nicht drein pfuschen. Lediglich ein mediterranes Klima müssen wir Schildkrötenhalter schaffen. Und wie könnten wir das besser erreichen als in einem möglichst geräumigen Frühbeet oder einem Gewächshaus? Genau da, wo wir unsere mediterranen Gemüsesorten die Saison verlängern, erreichen wir auch für unsere mediterranen Schildkröten das Klima, welches sie in ihrem Herkunftsgebiet vorfinden.
Die Tiere suchen jetzt jedoch lieber kühle und schattige Plätze auf. Da muss man aufpassen, weil schnell ist eine Schildkröte eingegraben und unauffindbar. Aus diesem Grund versuche ich um diese Jahreszeit meine Gehege möglichst überschaubar zu machen. Das bedeutet, dass die wuchernden Gräser und Pflanzen geschnitten und sämtliche gemütliche Steinhöhlen vernichtet werden. Im großen Gewächshaus steht meinen Tieren jedoch weiterhin üppiger Bewuchs und herrliche Höhlen zur Verfügung. Hier vereinen sich Lavendel mit Rosmarin, Oleander und Stockrosen. In diesem dichten Gestrüpp finden die Tiere Schatten und Schutz.
Mein dicht bewachsenes Gewächshaus
Am Abend, nach einem warmen Tag gönne ich den Tieren und Pflanzen einen feinen Sprühregen. Die hohe Luftfeuchtigkeit scheint allen gut zu tun und auch ich genieße dieses herrliche mediterrane Klima an meinem Lieblingsplatz im Gewächshaus.
Ab und zu lass ich es im Gewächshaus ordentlich regnen. Meistens jedoch gönnich ich Pflanzen und Tieren lediglich einen feinen Sprühregen
Meine Tiere genießen einen solchen Regentag im warmen Gewächshaus und tanken sofort ihren Wasserhaushalt auf.
Für mich ist das wie Urlaub mit Schildkrötensichtgarantie – was kann es Schöneres geben.
Für meine Tiere bedeutet das jedoch weitaus mehr. Bei diesen gemäßigten, mediterranen Gewächshaustemperaturen können sie sich optimal und völlig natürlich auf die bevorstehende Winterruhe vorbereiten.
Jeder sonnige Tag wird noch einmal in vollen Zügen genossen
An kühleren Tagen ziehen sie sich einfach zurück, bleiben in ihrem Winterquartier unter der hölzernen Gewächshausterrasse oder verweilen im Gestrüpp des Feigenbaums oder dem anderen dichten Pflanzenbewuchs.
Blick in meine Gewächshaus
Dieses Hin und Her wird noch ein ganzes Weilchen andauern, bis sie sich – meist gegen Ende November – endgültig in ihr Winterquartier begeben im dem sie sich in der lockeren Erde unter der dichten Laubschicht eingraben und erst wieder hervor kommen wenn die warmen Sonnenstrahlen den Frühling einläuten.
Dabei gibt es teils gravierende Unterschiede je nach Schildkrötenart, Unterart und auch innerhalb der verschiedenen Lokalformen beobachte Unterschiede im Verhalten. Während die viele Lokalformen der östlichen Unterart Testudo hermanni boettgeri trotz Wärme kaum noch aus ihrem Erdloch zu locken sind, spazieren die Tiere der westlichen Unterart Testudo hermanni hermanni noch munter herum. Jedes Jahr beobachte ich dieselbe Reihenfolge: Zuerst sind es die Tiere aus der Toskana. Nach einiger Zeit folgen die aus Kalabrien stammenden Schildkröten und ganz zum Schluss begeben sich die Tiere aus Sardinien (Testudo hermanni und Marginata) zu Ruhe. Nicht selten kann ich diese sogar noch zu Weihnachten im Gewächshaus beobachten. Diesen Verhaltensunterschied beobachte ich schon seit einigen Jahren. Offensichtlich spielt die eigentliche Herkunft doch eine größere Rolle als man glauben mag.
Aus diesem Grund halte ich es für besonders wichtig den Tieren ein möglichst naturnahes und klimatisch angepasstes Terrain anzubieten, sie lediglich zu beobachten und keineswegs in einen von Menschen vorgegebenen Zeitplan zu drängen. Keiner weiß besser in welchen Rhythmus sich die Vorbereitung abspielt, als die Schildkröte selbst. Das einzige, was wir nun für unsere Schildkröten machen sollten ist: ein mediterranes Herbstklima zu schaffen, bei dem sowohl die Temperaturen, die Luftfeuchtigkeit als auch der Pflanzenwuchs berücksichtigt werden sollte. Und wo könnte man das besser erreichen als in einem möglichst großen Gewächshaus?
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