Eigentlich gibt es dazu nur eine Antwort und die lautet: JA
Ein augenscheinlich gesundes Tier kann unter Umständen eine tödliche Gefahr für alle anderen Tiere sein.
Nach vielen leidvollen Erfahrungsberichten leuchtet das heute - hoffentlich - den meisten Schildkrötenhaltern ein. Zu oft hat man schon davon gelesen, dass ganze Bestände innerhalb kurzer Zeit vom gefürchteten Schildkrötenherpes dahingerafft wurden. Auch Rana, Virus-X und von so manch anderen bösen Erkrankungen haben die Meisten engagierten Schildkrötenpfleger und Pflegerinnen schon etwas gehört. Kaum einer würde heute noch ein fremdes Tier einfach so zu seinem Bestand setzen.
Muss man bei einer noch ganz jungen Schildkröte auch eine Quarantäne durchführen?
Leider sind auch ganz junge Schildkröten nicht vor Krankheiten geschützt. Erkrankungen, wie z.B. der Schildkrötenpicorna (Virus-X) wird aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Muttertier bereits auf den Embryo übertragen. Auch wenn es noch ein Weilchen dauert bis sich die ersten Symptome zeigen, kann das noch winzige Schildkrötlein eine tödliche Gefahr für alle Jungtiere in ihrer Umgebung werden.
Wie ist das, wenn man ein weiteres Tier vom gleichen Züchter kauft?
Auch das ist leider keine Versicherung. Wann hatte der Züchter das letzte Mal neue Tiere in seinen Bestand integriert? Hatte er vielleicht Jungtiere von jemandem zurück genommen und die Quarantäne nicht so ernst genommen?
Wie ist eine Quarantäne durch zu führen?
Die Gehege sollten prinzipiell so gestaltet sein, dass man diese relativ einfach in mehrere Teile unterteilen kann. Eine solche Teilung innerhalb eines Geheges ist allerdings keine wirklich strenge Quarantäne, ich bezeichne eine solches als „Softquarantäne“ und nutze das lediglich um Tiere aus dem eigenen Bestand zu trennen, bzw. ein neu erworbenes Tier nach der strengen Quarantänezeit möglichst schonend in den vorhandenen Bestand zu integrieren.
Ein ordentliches Quarantänegehege sollte nicht an das bestehende Gehege grenzen sonder räumlich möglich weit davon entfernt sein.
Nimmt man ein neues Tier auf, dann sollte es zuerst in eine „strenge Quarantäne“ kommen. Diese Unterscheidet sich in einem wesentlichen Detail zur Softquarantäne. Eine strenge Quarantäne muss einen entsprechend räumlichen Abstand zu dem bereits bestehenden Gehege haben. Am besten in einem anderen Teil des Gartens. Da das neue Tier dort nun eine Weile leben soll, muss dieses kleinere Gehege genau so ausgestattet sein, wie es für eine ordentliche Haltung erforderlich ist: Ein 16mm Frühbeet, eine ausbruchsichere Umrandung und natürlich auch eine entsprechende schildkrötengerechte Strukturierung. Das Frühbeet selbst sollte die gleiche technische Ausstattung haben, wie jedes artentsprechende Schildkrötenfrühbeet. Ein gutes Quarantänegehege sollte stets so gestaltet sein, dass dort auch ein längerer Aufenthalt problemlos möglich ist. In diesem Quarantänegehege verbringt das Tierchen nun den ersten Sommer, bzw. die Zeit von der Anschaffung bis hin zur Winterruhe. Nach einigen Wochen Eingewöhnungszeit sollte der Kot von einem entsprechenden Labor untersuchen werden. Dabei geht es nicht nur um die üblichen Darmparasiten, wie z.B. Oxyuren, sondern auch um Einzeller und anderem. In dieser Zeit sollte man die Schildkröte besonders aufmerksam beobachten. Ist die Nase trocken, die Kloake sauber? Sind die Augen klar und glänzend? Frisst sie gut und verhält sie sich so, wie es von einer gesunden Schildkröte dieser Art zu erwarten ist? Nach Möglichkeit sollte man dem Tier auch ins Maul schauen um eventuelle Beläge erkennen zu können.
Selbstverständlich darf man nicht von einem Gehege ins andere steigt und so mögliche Keine oder Vieren verschleppt. Notwendige Arbeiten sollten immer zuerst im Gehege des eigenen und (hoffentlich) gesunden Bestandes durchgeführt werden bevor man im Quarantänegehege etwas arbeitet. Alle Teile, wie Trinkschalen, eventuelle Futternäpfe und auch Reinigungswerkzeuge sind Bestandteil des jeweiligen Geheges. Auch den Winter verbringen die Tiere noch nicht gemeinsam. Für das neuerworbene Tier ist eine eigene Überwinterungskiste, bzw. eine eigene Überwinterungsgrube zu richten. Die Überwinterung selbst sollte örtlich getrennt durchgeführt werden.
Wenn alles gut geht, dann kommen die Tiere im Frühling wieder frisch und munter aus der Winterzeit. Nun ist besondere Vorsicht geboten. Mögliche Erkrankungen brechen oft in dieser Zeit aus. Darum sollte das neu erworbene Tier auch für die nächste Zeit weithin im ihm vertrauten Quarantändgehege bleiben. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man vom reptilienkundigen Tierarzt sämtliche Erkrankungen durch einen (oder mehrere) Bluttest ausschließen lassen. Leider bleibt trotz aller Vorsicht immer noch ein Restrisiko. Selbst ein negativer Herpestest bringt keine 100%ige Sicherheit. Einige Tierärzte raten sogar dazu einen solchen Test nach einiger Zeit zu wiederholen um das Restrisiko noch weiter zu senken. Ein negativer Test besagt lediglich, dass die Schildkröte zur Zeit der Probeentnahme unter dem nachweislichen Wert lag und zu dieser Zeit keine Viren ausscheidet.
Auch auf Mykoplasmen sowie viele andere mögliche Erkrankungen sollte man das Tier untersuchen lassen.
Das alles ist nicht immer so einfach durchzuführen und wird leider oft missachtet. Meistens geht eine quarantänelose Zusammensetzung auch gut aus, aber leider nicht immer.
Viel zu viele Bestände wurden bereits durch eine Missachtung dieser strengen Regeln ausgelöscht.
Ich selbst hatte in all den Jahren Schildkrötenhaltung – es werden heuer 50 Jahre - immer Glück. Das heißt jedoch nicht, dass man sich auf sein Glück verlassen kann. Nur ein einziges, augenscheinlich gesundes Tier, welches den gefürchteten Herpesvirus in sich trägt könnte innerhalb nur eines Sommers meinen gesamten Bestand auf grausamste Weise auslöschen.
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