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Meine Schildkröte ist aufgewacht!

Wenn unsere gepanzerten Freunde nicht so tun, wie wir es wollen, dann kann das einen bemühten Halter schon vor ein Problem stellen.

Da hat man eine Landschildkröte der europäischen Art und als gut informierter Pfleger weiß man natürlich auch über die Notwendigkeit der „Kältestarre“ Bescheid. Zuerst möchte ich aber einmal auf eine immer wieder umstrittene Ausdruckweise eingehen, die bei uns, im deutschen Sprachraum, gelegentlich für Verwirrung und Aufregung sorgt. Natürlich ist es dem Tier selbst völlig egal, ob wir es nun Winterstarre, Winterruhe oder gar Winterschlaf, benennen, Hauptsache sie darf ihrer Art entsprechend dies Zeit im Kalten verbringen. Dieses sprachliche Problem stellt sich in keiner anderen Sprache.  International nennt man das ganz einfach „Hibernation“, was so viele wie „Überwinterung“ bedeutet und sprachlich alle drei Formen benennt. Was ein wechselwarmes Reptil, wie es Schildkröten nun einmal sind, tatsächlich machen möchte ich hier nicht erörtern, auch da scheiden sich die Geister. In Wikipedia kann man die genauen Formen und deren Unterschiede gerne nachlesen. Ich selbst meine, dass unser Schildkröten diesbezüglich ein klein wenig wechseln und je nach Temperatur, sich  nicht dauerhaft in einer  Starre befinden.

Nun aber zu dem Problem, welches bei einigen Haltern immer wieder zu Unsicherheit führt. Da hat man alle richtig gemacht, das Tierchen langsam und mit Bedacht auf die kalte Jahreszeit vorbereitet, es schließlich in eine Kiste, gefüllt mit Erde und Laub, verfrachtet und diese in einen kalten Raum (Keller, Kühlschrank, Lichtschacht, Garage….) gebracht. Während draußen der Dauerfrost, mit teilweisen zweistelligen Zahlen (bei uns waren es einige Tage sogar um die -20°) den Winter fest im Griff hat, schlummern unsere Schildkröten bei konstanten +4°C.  Da kann man sich schon gemütlich zurücklehnen und sorglos in die klirrende Kälte schauen.

Kaum erwärmt sich jedoch die Kiste auf +10°C, schon hört man es rascheln und mit großem Entsetzen bemerkt mancher Halter „Die Schildkröte ist aufgewacht“

Erst ist die Freude groß,  sie lebt, hat alles gut überstanden. Für viele Schildkrötenhalter ist die kalte Winterzeit nicht leicht nachvollziehbar, bei  nur 4°C, nichts zu fressen, kein Wasser - für ein Säugetier, wie für uns Menschen, ein absolutes Todesurteil.



Was aber jetzt mit dem aufgewachten Tier tun? Wieder Einwintern, einfach abwarten oder gleich ein Terrarium herrichten?

Das ist natürlich eine schwere Entscheidung. Ich ganz persönlich würde mich möglichst gegen eine Zimmerinnenhaltung entscheiden.

Leider kann ich jedoch dem interessierten Leser diese Entscheidung nicht abnehmen. Ich kann hier lediglich von meinen eigenen persönlichen Erfahrungen, meinen Beobachtungen und den daraus schließenden Gedanken berichtet.

Ich überwintere meine Tiere nicht in einer Kiste, sondern lasse sie ganz einfach dort, wo sie sich bereits im Spätherbst ganz selbständig auf die kalte Jahreszeit vorbereitet haben  -  im Gewächshaus. Dort genießen sie im Herbst auch noch die allerletzten Sonnenstrahlen, bevor sie sich endgültig in ihr Winterquartier, unter dem Terrassenboden, begeben.



Unter der Terrasse befinden sich vier Schächte, welche nach außen hin eine Öffnung haben, sodass die Tiere jederzeit hinein oder hinaus krabbeln können. Jeder Schacht ist etwa 1,5  bis 2m² groß und einen guten Meter tief. Gefüllt mit lockerer, sandiger Erde und einer dicken Schicht Laub, die jährlich gewechselt wird, eignet er sich sehr gut für die Überwinterung. Eines gibt es in einem Gewächshaus natürlich nicht, nämlich gleichbleibende Temperaturen. In einem Winter, wie diesen, in dem es draußen Dauerfrost im zweistelligen Bereich gab und das über fast zwei Monate durchgehend, da kann es auch im Gewächshaus frieren. Natürlich nicht ganz so schlimm wie draußen, aber die Wasserstellen frieren in einem solchen Winter auch im Gewächshaus zu und ich merke deutlich, dass der empfindliche Orangen- und Zitronenbaum dieses Jahr leiden, während dem Oleander und auch dem Olivenbaum die Kälte nichts auszumachen scheint.

Die Schildkröten bekommen von den Außentemperaturen kaum etwas mit, sie befinden sich, tief eingegraben in der Erde unter einer dicken, gut isolierenden Laubschicht unter dem hölzernen Terrassenboden.



Ab Februar merkt man jedoch schon deutlich, dass die Tage endlich wieder länger werden. Auch die Sonne gewinnt merklich an Kraft. Noch steckt das Außengehege unter einer dicken Schneedecke, wenn jedoch die Sonne durch das Glas des Gewächshauses scheint, dann wird es dort schon richtig warm und verleitet mich diese herrlichen Stunden im Liegestuhl mit guter Lektüre zu genießen.  

Offensichtlich denken auch einige meiner Schildkröten so. Zumindest die weniger tief eingegrabenen Jungtiere, aber auch die Breitrandschildkröten und die ebenso oberflächlich vergrabenen sardischen Testudo hermanni hermanni, scheinen die Wärme bereits zu spüren. So kommt es, dass bereits Anfang Februar (in machen Jahren sogar schon Anfang Jänner) die eine oder andere Schildkröte, an einem Stein gelehnt, die Sonne genießen.

Was aber, wenn es wieder kalt wird? – und das wird es mit Sicherheit noch einmal werden!

Schauen wir doch einmal dort hin, wie diese Tiere ihren eigentlichen Lebensraum finden, entlang der Mittelmeerküste, von Spanien bis hinauf nach Bulgarien. Dank Internet lassen sich die dortigen Temperaturen innerhalb nur weniger Minuten ermitteln und schon erkennen wir, dass auch dort die Temperaturen sehr unterschiedlich sind.  Beobachten wir die dortigen Lufttemperaturen über einige Wochen hindurch, so wird uns klar, dass es dort teilweise sogar sehr große Schwankungen gibt. Was wir jedoch mittels diese Klimadiagramme nicht sehen können ist die Strahlungswärme, also wie warm der Boden in den paar Stunden ist, in dem er von der Mittelmeersonne beschienen wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit können wir jedoch davon ausgehen, dass es in etwa dem entspricht, wie in unseren Gewächshäusern, bzw. Frühbeeten.

Was also werden die Schildkröten dort machen? Ich denke, sie werden sich sehr ähnlich verhalten, wie bei mir. Die weniger tief vergrabenen Tiere werden die Sonnenwärme viel früher wahrnehmen und hervorkommen. Abends, wenn die Sonne nicht mehr scheint, verkriechen sie sich wieder in ihr Versteck, wo sie sich, je nach Temperatur wieder tief vergraben um noch einige weitere Tage oder Wochen, einfach wieder zur Ruhe kommen. Wenn notwendig sogar noch einmal in eine kältebedingte Starre verfallen.

Nach einem solchen Zwischenspiel Anfang Februar, freue ich mich schon richtig auf den Frühling, wenn sie dann alle wieder da sind und bedingt durch die sonnigen, warmen Tage und nicht mehr so eisigen Nächte, wieder da bleiben werden. So einiges Auftauchen und wieder Abtauchen wird es bis dahin jedoch noch geben.

Hier können Sie gerne über ihre Erfahrungen berichten: www.landschildkroeten-forum.eu

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