Ernährung
Wärme ist die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Verdauung. Nach meinen Beobachtungen begeben sich die Tiere erst bei einer Panzeroberflächentemperatur von etwa 30 °C auf Futtersuche. Können sich die Tiere nicht aufwärmen, so sind sie auch nicht in der Lage Nahrung aufzunehmen. Sinkt die Temperatur bald nach der Nahrungsaufnahme, so verlangsamt sich der Stoffwechsel und der gesamte Nahrungsbrei verweilt entsprechend lange im Verdauungstrakt.
Zwar können die Tiere die aufgenommene Wärme eine Zeit lang speichern, jedoch nicht über mehreren Stunden hinweg. Aus diesem Grund ist für eine ausreichende Aufwärmmöglichkeit von 35 °C bis 40 °C, direkt unter der Lampe gemessen, zu sorgen. Die Tagesraumtemperatur muss hingegen je nach Jahreszeit darunter liegen.
Wie alle mediterranen Landschildkröten zählt auch die Ägyptische Landschildkröte zu den herbivoren Arten. Das heißt, dass sie sich überwiegend von pflanzlicher Kost ernährt.
Leider finden wir bei uns kaum die Pflanzen, von denen sich die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum ernähren, dafür stehen uns jedoch viele andere geeignete Futterpflanzen zur Verfügung.
Um die Tiere gesund zu erhalten, sollte die Kost möglichst abwechslungsreich sein, viel Calcium enthalten und aus faserreichen Teilen bestehen. Auch für die Flüssigkeitsversorgung sind Pflanzen von nicht zu unterschätzendem Wert. Obwohl es sich bei Testudo kleinmanni um reine Pflanzenfresser handelt, nehmen sie bei ihren Weidegängen unweigerlich auch Spuren von tierischer Kost auf.
Im Sommer finden wir auf unseren Wiesen viele gute Pflanzen, welche die Tiere zwar gerne fressen dürften, aber – bedingt durch die Ästivation – kaum dazu in der Lage sind, sich daran
zu laben. Trotzdem ist es sinnvoll, um diese Jahreszeit Wildkräuter zu sammeln. Viele Kräuter, wie z. B. Löwenzahn, Malven, Wegerich, sämtliche Disteln, Klee, Brennnesseln und viele andere Wildkräuter, lassen sich gut trocknen. So hat man auch im Winter gesundes Zusatzfutter, welches man dem frischen Grünzeug beimischen kann.
Ich selbst trockne diese Pflanzen gerne in der Sommersonne, zerreibe sie anschließend mit der Hand und bewahre sie in Papiersäcken für die kalte Jahreszeit auf.
Im Winter gestaltet sich die Futtersuche oft schwierig, da sich die meisten Pflanzen in die Erde zurückgezogen haben. Vogelmiere wächst schon sehr früh im Jahr und ist sogar im Winter unter der Schneedecke zu finden. Viel Abwechslung wächst leider nicht auf unseren Winterwiesen und so bleibt nichts anderes übrig, als auf Kulturpflanzen zurück zu greifen.
In einem abgetrennten Teil meines Wintergarten-Terrariums säe ich einige Pflanzen, wie z.B. 00-Raps, Wicken, Malven, Vogelmiere, Wegerich, Mariendistel und vieles mehr.
Sobald die Pflanzen sich halbwegs entwickelt haben, öffne ich den separierten Teil und die Tiere können sich an dem frischen Grünzeug satt fressen während bereits in einem anderen Teil des Geheges neue Futterpflanzen wachsen. Dafür bedarf es jedoch einer großen Fläche mit einer hohe erdigen Substratschicht.
Wintersalate aus der Familie der Wegwartengewächse, wie beispielsweise Grumolo, Chicorée, Radicchio, Feldsalate und Catalogna bekommt man in guten Lebensmittelgeschäften zum Kaufen.
Um den Schildkröten in ihrer Aktivzeit mehr Abwechslung auf den Speiseplan zu bringen, biete ich ihnen zusätzlich geriebene Karotten an, ab und zu ein Stück Gurke oder Zucchini, ein wenig Brokkoli und sämtliche selbst gezogene Sprossen. Besonders gerne mögen sie Radieschen- und Brokkolisprossen, vor allem dann, wenn diese schon kleine grüne Blätter bilden.
Im Herbst, wenn ich meine Weihnachtskakteen (Schlumbergera) wieder in den Wohnraum bringe, bilden diese übermäßig viele Blüten, welche für meine Testudo kleinmanni einen ganz besonderen Leckerbissen darstellen.
Die als Golliwoog® bekannte, speziell für Vögel und Reptilien kultivierte Pflanze steht den Tieren ebenso zur Verfügung.
All diese Pflanzen verteile ich an mehreren Plätzen, um dem natürlichen Weidetrieb entgegenzukommen. Allerdings muss man dabei aufpassen, dass die Unterlage, auf der man die Nahrung anbietet, sauber und frei von Sandkörnern ist.
Das für den Knochenaufbau wichtige Kalzium steht meinen Tieren in Form eines Sepiaschulps immer zur Verfügung. Diese wird, vor allem von den Jungtieren und den Eiern bildenden Weibchen, gerne angeknabbert.
Um Kalzium in das Skelett auch einlagern zu können, benötigen die Tiere – wie bereits beschrieben – eine ausreichende Dosis an ultravioletter Strahlung. Nur im Zusammenhang mit UV kann Kalzium überhaupt verarbeitet werden.
Wasser
Mit ihrem Wasserhaushalt müssen Schildkröten aus so trockenen Gebieten besonders sorgsam umgehen. In Libyen gibt es nur 30 bis 50 Regentage, mit einem Niederschlag zwischen 250 mm und 400 mm. Der meiste Regen fällt zwischen November und Februar. In Israel ist es ähnlich und in Ägypten ist der Niederschlag sogar noch geringer (100 mm bis 200 mm).
Von Mai bis Oktober gibt es so gut wie keinen Regen. Trotzdem herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit. Während diese im Landesinneren sogar auf unter 30 % fällt, bleibt sie an der Küste nahezu konstant zwischen 60 % und 70 %.
Gerade in den frühen Morgenstunden, noch bevor die Sonne die Küste aufheizt, liegt ein feuchter Dunst über dem Boden. Das machen sich nicht nur die krautigen und wasserspeichernden Pflanzen zunutze, auch Testudo kleinmanni sind auf diese Feuchtigkeit angewiesen. Sie lecken die winzigen Tropfen von Steinen und Gräsern. Da auch der Panzer vom Morgentau und beim Abstreifen der feuchten Grasbüschel nass wird, stellen sie ihre Hinterbeine hoch, so dass die Tropfen über ihren Panzer direkt in die Nase und ins Maul rinnen. Die Tautropfen der Morgenstunden und der geringe Saftanteil der Futterpflanzen müssen ihnen für den ganzen Tag reichen.
In menschlicher Obhut steht ihnen jederzeit ausreichend Wasser zur Verfügung. Obwohl die Tiere im Terrarium keineswegs auf den Morgentau angewiesen sind, ist das Trinkverhalten doch tief in ihnen verankert. In der Früh, nachdem sie sich aufgewärmt haben, gehen sie auf Futter- und Wassersuche.
Die Harnblase ist ein wichtiger Wasserspeicher. Sobald sie frisches Wasser aufnehmen, scheiden sie die cremig weißen Urate aus. An deren Konsistenz kann man ablesen, ob das Tier genügen Flüssigkeit aufnehmen konnte. Haben sie zu wenig Wasser aufgenommen, werden diese fester bis bröckelig.
Da Testudo kleinmanni keine besonders guten Trinker sind, halte ich es für notwendig, dieses Treiben genau zu beobachten, um rechtzeitig zu bemerken, wenn eines der Tiere kein oder zu wenig Wasser aufnimmt. In diesem Fall „zwinge“ ich sie, durch ein lauwarmes Bad zur Wasseraufnahme. Nachdem sich meine Tiere in der ersten Zeit als richtig wasserscheu zeigten, musste ich sie regelrecht auf die befeuchteten Tonplatten „zwingen“.
Durch Besprühen mittels Wasserzerstäuber werden sie zur selbständigen Wasseraufnahme angeregt.